Für Flusser ist Verantwortung ein Entschluss, sich im Selbst- und Weltentwurf anderen Menschen gegenüber zu öffnen. Das sich entwerfende, projizierende Selbst scheint allerdings haltlos. Doch Selbstüberwindung heißt bei Flusser nicht Eliminierung des Selbst: Nicht im „Zerschneiden der Bindungen an andere“ liegt die „bodenlose“ Freiheit, sondern in bewusst aufgenommenen Verbindungen, in bewusst übernommener Verantwortung. Die Selbstvergessenheit, das Aufgehen im „wir“ ist kein „Sichverlieren“, sondern ein bewusstes Überwinden des
Glaubens an ein durch objektive Gegebenheit geheiligtes, eingekapseltes „ich“ – ein spielerisches sich „finden“ im anderen.
Bild: Zielinski et al. (Hrsg.), Flusseriana, 2015
Steffi Winkler: Verantwortung. In: Flusseriana. An Intellectual Toolbox, Minneapolis: Univocal, 2015 (hrsg. von Siegfried Zielinski, Peter Weibel und Daniel Irrgang), S. 343-345